Gute Milch aus guter Erzeugung. Das ist unsere Philosophie, unser Anspruch. Wir in Gut Wilhelmsdorf vereinen nicht nur Landwirtschaft, Molkerei und Direktvermarktung unter einem Dach. Wir haben auch einen großen Anspruch an uns selbst. Wir wollen nicht nur GUT sein. Sondern BESSER

Hohe Tierwohlstandards - entsprechend den Bioland-Richtlinien und natürlich auch auf Grundlage unserer eigenen strengen Vorgaben - bilden die Basis unserer Landwirtschaft. Nun stellen wir nach einer ersten intensiven Testphase unsere Milcherzeugung um: 
Auf die sogenannte kuhgebundene Kälberaufzucht

Was das bedeutet und was wir anders machen als andere, haben wir euch hier auf dieser Webseite zusammengestellt.

Wilhelmsdorfer Bio-Milch? Na klar, die kennt man. Super frisch, kurze Transportwege, transparent. 
Der Joghurt? Ein Gaumenschmaus. Und stichfest noch obendrein. 

Mit dem PLUS an Tierwohl durch die Umstellung auf die kuhgebundene Kälberaufzucht bieten wir nicht nur unseren Kühen und Kälbern, sondern auch euch als Kundinnen und Kunden ein deutliches MEHR an Tierwohl.  Um dies gut zu kommunizieren, haben wir unsere Milch- und Joghurtverpackungen komplett neu gestaltet. Das neue Verpackungsdesign findet ihr ab November im Hofladen, in eurer Biokiste und überall dort, wo es unsere Milch gibt. 

GUTES von nebenan. Echt frische Bio-Vollmilch und stichfester Naturjoghurt. Einfach lecker, aus handwerklicher Verarbeitung direkt auf dem Hof.

NEU dabei: Unser stichfester Naturjoghurt im 250g-Becher.

Das Kalb bleibt bei der Kuh – was heißt das konkret?

Ab sofort dürfen die Kälber bei der Kuh natürlich saugen und werden nicht wie zuvor über einen Nuckeleimer getränkt. Eine Kuh zieht bei uns 3-4 Kälber groß. Alle Kälber verbleiben zunächst bei der eigenen Mutter, um das überlebenswichtige Kolostrum (die erste Muttermilch) aufzunehmen. Anschließend bleibt das Kalb entweder bei seiner Mutter, sofern diese eine Amme wird, oder es wird am zweiten Lebenstag von der Mutter zu einer Amme gebracht. Jede dritte bis vierte kalbende Kuh wird als Amme ausgewählt, denn eine gute Amme muss zum Beispiel ein sehr stark ausgeprägtes mütterliches Verhalten zeigen. Die Ammen leben mit ihren Kälbern im Herdenverband in unserem großzügigen Strohstall. Die Kälber bleiben 3-4 Monaten bei den Ammen und werden dann abgesetzt.

Zum Vergleich: Bei der „normalen“ Bio-Kälberaufzucht wird das Kalb nach wenigen Tagen von der Mutter getrennt, in der ersten Lebenswoche im Einzeliglu gehalten und nach der ersten Lebenswoche in Kälbergruppenhaltung über einen Nuckeleimer getränkt (bei uns über einen Automaten im Kälberstall).

Was bewegt uns dazu, die Kälber bei den Kühen zu lassen?

Wir gehen einen weiteren konsequenten Schritt in Richtung Tierwohl. Die Kälber können von Beginn an ihr arteigenes Verhalten ausleben. Beim natürlichen Säugen kann das Kalb bei einer Kuh über den Tag verteilt mehrere, kleine Mahlzeiten zu sich nehmen, was physiologisch für das Kalb gesünder ist. Zudem trinkt es so viel Milch, wie es benötigt. Die Milchaufnahme ist also nicht begrenzt. Weiterhin kann sich das junge Kalb Fress- und Saufverhalten aber auch das Sozialverhalten bei der Kuh abschauen. Durch das Vorbild der Kuh lernt das Kalb deshalb schneller arteigenes Verhalten. Zudem ist nachgewiesen, dass die Anwesenheit der Kühe auf die Kälber beruhigend wirkt. Die Kälber haben durch den geräumigen Strohstall und den sofortigen Kontakt zu Altersgenossen deutlich mehr Platz zum Spielen und Toben – was bisher auch schon lebhaft genutzt wird!

Warum führt die Umstellung zu höheren Preisen bei unseren Molkereiprodukten?

Die Umstellung bedeutet, dass wir einen Ammenstall bereitstellen müssen. Dafür haben wir einen bestehenden Stall umgebaut. Dies bringt einige Umbaukosten mit sich. Außerdem erzeugt der zusätzliche Stallplatzbedarf höhere Kosten: Wir streuen regelmäßig mit Stroh ein, das wir zukaufen müssen. Wir füttern die Tiere mit Futter, das in der Erzeugung auch Kosten verursacht … Außerdem steigt der Arbeitskräftebedarf, was unsere Lohnkosten in der Landwirtschaft steigen lässt.

Ich kenne mich noch nicht so aus: Was ist überhaupt „Absetzen“, ein „Einzeliglu“ und „Kolostrum“?

Das Absetzen beschreibt den Prozess, wenn das Kalb von der Milchernährung vollständig entwöhnt wird und fortan nur noch Raufutter (z. B. frisches Gras) frisst.

Ein Einzeliglu ist eine Behausung mit kleinem Auslauf, in der ein Kalb aus Infektionsschutzgründen einzeln gehalten wird. Sicher sind euch die weißen Iglus mit den kleinen Kälbern drin bekannt, wenn ihr schonmal auf unserem Hof wart.


Das Kolostrum oder Kolostralmilch ist die erste Milch eines weiblichen Säugetieres direkt nach der Geburt. Das Kolostrum ist gelber als die spätere Milch einer Kuh und ist sehr nährstoffreich. Außerdem sind viele Antikörper enthalten, die den passiven Immunschutz des Kalbes in den ersten Lebenstagen sicherstellen, bis sich das aktive körpereigene Immunsystem aufgebaut hat.

Was passiert mit den Kälbern nach dem Absetzen?

Die meisten Kälber im Ammenstall sind für die eigene Nachzucht vorgesehen: Sie werden auch mal eine Milch- oder Ammenkuh bei uns. Diese Kälber werden mit ihren Altersgenossen nach dem Absetzen in einer Gruppe im Rinderstall direkt gegenüber gehalten. Wenn sie 10 Monate alt sind kommen sie zu unseren Rindern auf die Weide (im Sommer) oder in den Rinderstall (im Winter).

Neben der eigenen Nachzucht ziehen wir auch Kälber für unsere Kalbfleischvermarktung im Ammenstall groß. Diese kommen zum Zeitpunkt des Absetzens zu unserem lokalen Schlachter.


Einige wenige Kälber, die sich im Ammenstall finden, werden nach dem Absetzen an Bioland Berufskollegen aus der Region für die Weitermast verkauft. Diese Kälber werden ungefähr zwei Jahre alt, bis sie geschlachtet und zu Rindfleisch verarbeitet werden.


Auch wir lassen einige Kälber im Ammenstall mitlaufen, die nicht zum Absetzen geschlachtet, sondern im Frühjahr auf die Weide kommen und dann erst mit ungefähr 1,5 Jahren als Ochsen geschlachtet werden.

Was passiert mit den Ammenkühen nach dem Absetzen?

Die Ammenkühe kommen nach dem Absetzen wieder in den Kuhstall und werden gemolken. Sie werden wieder besamt und dann zwei Monate vor der nächsten Geburt trockengestellt. Trockenstellen bedeutet, dass wir aufhören, die Kühe zu melken, damit sich das Euter vor der nächsten Kalbung regenerieren kann.

Welche Herausforderungen begegnen uns im Zuge der Umstellung?

Die Kälber sind unterschiedlich stark, d. h. einige Kälber saufen mehr als andere. Schwächeren Kälbern müssen wir regelmäßig Hilfestellung geben, damit sie ausreichend bekommen. Insgesamt erfordert das neue Aufzuchtverfahren eine intensive Überwachung des Zustands der Kälber. Um die Stärke der Kälber besser auszugleichen, planen wir Altersgruppen im Ammenstall einzuführen.

Außerdem werden nicht alle Kälber gleichgut von der Amme angenommen. Hier sind vor allem die Charaktereigenschaften der Ammen entscheidend. Wir erwarten, dass wir mit zunehmender Erfahrung besser in der Auswahl der als Ammen geeigneten Kühe werden. Aktuell ist es ab und zu notwendig, dass wir unsere Entscheidung, welche Kuh eine Amme wird, korrigieren müssen.


Weiterhin beobachten wir, dass die Ammenkühe von den Kälbern nicht gleichmäßig auf allen vier Vierteln geleert werden. Ein Euter hat vier Zitzen mit vier Vierteln, welche physiologisch getrennt und in der Milchbildung unabhängig voneinander sind. Wenn ein Viertel nicht regelmäßig geleert wird, steigt das Risiko für Euterinfektionen. Inzwischen sind wir dazu übergegangen, die Ammen einmal am Tag im Fressgitter genau zu beurteilen hinsichtlich eines möglichen „Milchstaus“ und dem Zustand der Milch. Wenn es zu einer Euterinfektion kommt, flockt die Milch und das Euter ist warm und geschwollen. Dann müssen wir reagieren und notfalls einen Tierarzt zu Rate ziehen.

Warum sind einige Kälber nicht bei Ammen sondern nach wie vor im Einzeliglu bzw. im Kälberstall?

Aktuell können wir nicht alle Kälber für die Nachzucht oder für die eigene Direktvermarktung behalten, da es zu viele sind und unsere Kalbfleischvermarktung noch ganz am Anfang steht. Alle Tiere, die im Alter von 4 Wochen verkauft werden, gehen an den Viehhändler und werden am Nuckeleimer großgezogen. Wenn das Kalb mit vier Wochen den Hof wechselt und der neue Hof (sehr wahrscheinlich) mit einem Nuckeleimer tränkt, wäre eine Umstellung von Euter auf Nuckeleimer zusätzlich zu dem resultierenden Trennungsschmerz für das Kalb sehr schwierig. Deshalb ziehen wir die Verkaufskälber weiterhin am Eimer groß. Wir können nur alle bei uns geborenen Kälber an Ammen großziehen, wenn der Absatz von hofeigenem Kalb- aber auch Rindfleisch steigt.

Warum machen wir keine muttergebundene Aufzucht?

Bei der muttergebundenen Aufzucht verbleibt jedes Kalb für die gesamte Milchphase bei seiner Mutter. Da eine Kuh deutlich mehr Milch hat, als sie für ihr eigenes Kalb benötigt, müssten wir die kalbführende Kuh zusätzlich melken. Unser aktueller Kuhstall ist nicht so gebaut, dass zusätzliche Kälber ausreichend Platz hätten. Außerdem ist der Stall nicht so konzipiert, dass die Kälber ihren Bedürfnissen ausreichend nachkommen könnten (z. B. sind die Tränken in Höhe der Kühe angebracht). Demnach müssten wir unsere aktuelle Kuhanzahl reduzieren und die Stalleinrichtung aufwendig an die Bedürfnisse der Kälber anpassen. Zusätzlich hätten wir einen enormen Rückgang bei der Menge an verkaufsfähiger Milch – nicht nur weil die Kuhanzahl sinkt, sondern auch weil die kalbführenden Kühe ihre Milch im Melkstand schlechter hergeben. Neben der reduzierten Milchleistung kann es durch das Zurückhalten der Milch im Melkstand zu Problemen bei der Eutergesundheit kommen. Im Vergleich zu dem jetzigen Vorgehen würde eine muttergebundene Kälberaufzucht die Preise für unsere Milchprodukte nochmal deutlich erhöhen. Dieses finanzielle Risiko war uns zu hoch.

Ich will noch mehr wissen. Bei welchen Höfen bleiben die Kälber auch bei den Kühen?

Die Tierschutzorganisation PROVIEH hat umfangreiches Material zur kuhgebundenen Kälberaufzucht zusammengestellt und auf einer Karte alle Höfe gelistet, welche diese Aufzuchtsform bei sich umsetzen: https://www.provieh.de/kampagnen/kuh-und-kalb/.
Hier findet ihr auch schöne Hofportraits über andere Höfe mit kuhgebundener Kälberaufzucht - und über uns.

Pressematerialien finden sich hier.